ab Do 14.10.21
Irgendwann wird es der Voyeurin zu langweilig. Zu viele Klischees, und die dann auch noch schlecht vorgetragen. Das mit dem heimlichen Beobachten einer sinnlichen Verführung, nackt hinter einem Vorhang verborgen, hatte sie sich spannender vorgestellt.
Die Voyeurin hinter dem Vorhang heißt Maria, ist Professorin und wird von Chiara Mastroianni gespielt. Sie ist schroff, selbstbestimmt und nimmt sich was ihr gefällt. So zeigt es schon die Titelsequenz, in der sie durch die Straßen von Paris zieht. Junge, attraktive Männer, die von ihrem Blick gestreift werden, bewegen sich plötzlich in Zeitlupe, wie halbversteinert von Medusenaugen. Als ihr sensibler Ehemann Richard (Benjamin Biolay) noch am selben Abend eine SMS von einem ihrer Liebhaber entdeckt, werden mehr als zwei gemeinsame Jahrzehnte plötzlich in Frage gestellt. Die Situation eskaliert. Maria zieht noch in derselben Nacht in das Hotel auf der gegenüberliegenden Straßenseite und wird dort von den Geistern ihrer Vergangenheit und Zukunft heimgesucht. Darunter sind der junge Richard, in den sie sich einst verliebt hat, ebenso wie seine Jugendliebe, die Klavierlehrerin Irene (Camille Cottin). Auch ihre streitsüchtige Mutter (Marie-Christine Adam), jeder ihrer früheren Liebhaber sowie der berühmte Chansonnier Charles Aznavour stimmen ins Für und Wider ein.
Eine Beziehung von Jahrzehnten wird auf zwei Zimmer konzentriert, zwei separate Bühnen. Wieder ist Maria eine Voyeurin, schaulustig steht sie neben ihrem eigenen Leben. Die Wohnung von ihr und Richard ist vollgestopft mit Büchern und Erinnerungen, das Hotel dagegen ein beliebig verformbarer Transit-Ort. Beide präsentiert der Film als irreale Kulissen, mehrfach schwebt die Kamera über die eigentlich massiven Wände hinweg. Die vierte Wand wird nicht gebrochen, sie hat von der ersten Minute an faustgroße Löcher. Nur wenig später wird sogar der ganze Straßenblock als niedliche Modellstadt gezeigt. Gewaltig türmen die Eheleute über dem Diorama ihres eigenen Lebens, große Kinder, die mit ihrem Puppenhaus Familie spielen. (--- Lucas Barwenczik, kino.zeit.de)
• Komödie
• Frankreich 2021
• französische Originalsprachfassung mit deutschen Untertiteln
• 87 Minuten
• DCP
• FSK 18 Jahre (ungeprüft)
Regie: Christophe Honoré
Drehbuch: Christophe Honoré
Kamera: Rémy Chevrin
Musik: Valérie Deloof
Darsteller: Chiara Mastroianni, Vincent Lacoste, Camille Cottin